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Verlogene Grafiken im ORF

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Lieber mailto:spiegelschrift@diepresse.com][Herr Washietl!

In der Presse habe ich ihren Beitrag "Spiegelschrift" gelesen. Sie haben unter anderem Bezug darauf genommen, dass grafische Darstellungen in Medien nicht immer verständlich und richtig sind.

Unterm Artikel steht, dass sie Mitbegründer und Sprecher er "Initiative Qualität im Journalismus" (IQ - was für eine gewichtige Abkürzung) sind. Ich finde es seht gut, dass es so eine Initiative gibt.

Und diesbezüglich habe ich auch schon eine Sache, die mir persönlich schon länger übel aufstoßt: in den Medien werden viel zu oft irreführende bis falsche graphische Darstellungen verbreitet.

Aufgefallen sind mir solche Fehler des öfteren in den Visuals der Zeit im Bild vom ORF. Doch auch in der Presse musste ich wieder so einen Fehler finden. Stellvertretend für alle anderen Medien möchte ich mein Problem damit anhand des Presse-Artikels "Thema des Tages" vom

  1. September 2010 veranschaulichen.

Meine Grundannahme

">http://www.Karl-Voit.at/temp/suderei/2010-09-25_Presse_Seitenansicht.png"

Eine Grafik dient meiner Meinung nach dazu, einen abstrakten Sachverhalt dem geneigten Leser besser darzustellen als mit nackten Zahlen. Hierbei gibt es mehrere Möglichkeiten. Beliebt sind Torten-, Balken-, und Liniendiagramme. Mit solchen Grafiken lassen sich Verhältnismäßigkeiten deutlicher veranschaulichen, sodass der Leser - der im Normalfall mit den Zahlen wenig anfängt - einen besseren Eindruck bekommt. Soweit zu meiner Grundannahme.

Ein Beispiel (von vielen)

Doch dann sieht man Grafiken wie folgende:

">http://www.Karl-Voit.at/temp/suderei/2010-09-25_Grafik1.png"

Die Balken sind alle in Ordnung: sie fangen alle bei einer definierten Nulllinie an, stehen im korrektem Verhältnis und veranschaulichen die entsprechenden dahinterliegenden Zahlen sehr gut.

Doch gemeinerweise sind die Liniendiagramme komplett falsch und irreführend.

Im linken Liniendiagramm ("Schuldenquote") ist zwar eine Basislinie eingezeichnet, die jedoch keinesfalls etwas mit irgendeiner Nulllinie zu tun hat. Die eingetragenen Werte spanen sich über den Bereich von 59,5 bis hin zu 70,2. In der Grafik entspricht das dem Bereich von einem Viertel bis zu einem Dreiviertel der Grafik. Doch die 59,5 entsprechen keineswegs einem Viertel!

Die eigentliche Nulllinie ist also weit unter der eingezeichneten. Doch die eingezeichnete Linie hat keinerlei Beschriftung, dass sie etwa bei 60 liegt.

Die Folge

Wenn ein Leser die Zahlen nicht genau studiert, wird er von der Grafik dahingehend "informiert", dass sich zwischen 2007 und 2010 die Schuldenquote verdreifacht(!) hat. In Wirklichkeit ist sie aber nur um etwa 15 Prozentpunkte gestiegen. Das ist ein riesiger Unterschied.

Die Grafik lügt also.

Es kommt noch besser

Im rechten Liniendiagramm ("Erwerbstätigenquote") wiederholt sich das Trauerspiel. Diesmal sogar noch irreführender als bei der vorigen Grafik: hier ist die falsche Linie im selben Diagramm eingezeichnet wie die korrekten Balken darunter.

Ein Leser muß daher ohne Studium der genauen Zahlen zu folgendem Ergebnis kommen: die Erwerbstätigenquote liegt nur ein bis drei Prozent über der Arbeitslosenquote und schwankt zudem um zirka ein Viertel ihres Wertes. Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen, was das in der Wirtschaft bedeuten würde. Eine absolute Katastrophe!

Eine Kleinigkeit?

Mein Punkt ist, dass Grafiken, welche den Leser nicht die Zahlen besser näherbringen, falsch und irreführend sind. Der Leser will oft nur beim Drüberschauen eines Artikels den grundsätzlichen Inhalt kurz aufnehmen. Visuals wie Diagramme sind dabei ein wesentlicher Blickfang.

Ich bin mir durchaus bewußt, weshalb die Darstellungen so gemacht wurden, wie sie sind: die Grafiker finden es nicht sinnvoll, eine Schwankung von wenigen Promille bis Prozent in einer absoluten Darstellung einzuzeichnen. Schon klar. Es gibt durchaus Mittel und Wege, wie Grafiker eindeutig veranschaulichen können, dass diverse Liniendiagramme nicht von einer Nulllinie ausgehen.

Mein Appell

Ich bitte sie, Herr Washietl, dass sie in ihrer Funktion hier Maßnahmen setzen, dass den Journalisten dieser Umstand bewußt gemacht wird. Grafiken dürfen nicht lügen!

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