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Weinwandern: Ehrenhausen 1

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Letztes Wochenende waren wir zur Abwechslung mal Wandern, nachdem mir ein Arbeitskollege die Weinwandern-Touren der südsteirischen Weinstrasse ans Herz gelegt hat. Wandern in Mitten der Weinberge, gesäumt von zahlreichen Buschenschänken, was will man mehr?

So die Theorie.

Tourwahl

Wir haben uns auf der Karte für einen beliebigen Ausgangspunkt entschieden: Ehrenhausen.

Von dort aus gibt es ein paar Touren. Die meisten waren uns zu kurz. Als gutes Mittelmaß zum Beginn entschieden wir uns für eine über zwölf Kilometer lange Tour aber mit relativ flachem Höhenprofil: Ehrenhausen 1. Die vier Stunden, so dachten wir, sind Pensionistenzeiten, die wir locker unterbieten werden.

Mein Kollege meinte, dass die Touren deppensicher beschriftet sind, und man nur hoffen muss, auf nicht zu viele Touristengruppen zu treffen. Daher verzichtete ich auf den Ausdruck einer Tourenkarte. Aber ich holte mir auf mein Android-Handy die verlinkte Outdooractive-App, wo es Tourenbeschreibungen, Karten, und so weiter gab.

Die Tour

Die ersten Beschriftungen in Ehrenhausen zeigten die Tour im Uhrzeigersinn an. Die Karte in der App aber gegen den Uhrzeigersinn. Da wir die meisten Buschenschenken eher am Ende unserer Tour passieren wollten, entschieden wir uns für die Tour gegen den Uhrzeigersinn.

Es ging los auf dem Gehweg durch Siedlungen. Mal dichter, mal weniger dicht besiedelt. War schon etwas seltsam, mit Wanderausstattung und Rucksack durch eine reine Wohngegend zu spazieren, wo die Leute einem seltsam nachschauten. Etwas befremdlich war auch die Begegnung mit einer Strassenmarkierungsmaschine, die einen Mittelstreifen neben uns gezeichnet hat.

Danach ging es neben der Bahn weiter. Nach wie vor keine besonders tolle Gegend zum Wandern.

Bisheriger Höhepunkt: das Passieren der örtlichen Zementfabrik. Ging fast als Ostblockarchitektur aus dem letzten Jahrtausen durch. Beeindruckend. Seltsam, dass die Tourenbeschreibung dieses Juwel verschwieg.

Doch dann kam etwas Natur auf uns zu.

Wir wurden etwas versöhnt, als wir auf einer Wiese ein echtes Hufeisen fanden.

Jetzt wird's doch noch etwas mit dem Wandern in der Südsteiermärkischen Pracht. Nach wie vor aber kein einziger Buschenschank und keine Weinreben gesichtet.

Dann ein kleiner Schreck: der Weg sollte geradeaus weitergehen. Doch wo der Weg klar ersichtlich mal verlaufen ist, blockierte ein ungefähr fünf Meter massiv aufgeschichteter Wall die Sicht. Inklusive riesiger Hinweisschilder, dass hier Tagebau passiert und deswegen gesprengt wird. Zutritt verboten, Achtung Absturzgefahr, Stacheldrahtzaun.

Seltsam - der Tagebau scheint nicht so kurzfristig hier passiert zu sein. Da sollte man doch die Wanderstrecke "Ehrenhausen 1" entsprechend adaptieren können.

Nebenbei bemerkt: wir trafen noch keinen einzigen anderen Wanderer.

Nun gut. Dank der App mit der Karte und unserer GPS-Position konnten wir erkennen, dass das Problem umgehbar ist. Nach einer viertel Stunde waren wir wieder am eingezeichneten Weg.

Doch ein paar hundert Meter weiter war das nächste Problem offenkundig: ein hohes Tor versperrte uns den einzigen Weg. Nach ein paar hundert Metern sollte laut Plan wieder eine öffentliche Straße kommen.

Eine riesige Tafel zitierte gleich zwei Gesetze, die uns davon abhalten sollen, das Gebiet zu betreten. Weiters wieder mal Absturzgefahr und so weiter. Zu unserer Rechten ging es im sehr dicht bewachsenen Wald sehr steil abwärts, zu unserer Linken die obere Kante vom Tagbau. Also entweder alles retour gehen und diese Strecke aufgeben oder neben dem Tor über den Zaun klettern und hoffen, dass keine Selbstschussanlagen unsere Wanderung trübt.

Als wir so überlegt haben, kam ein Auto daher. Der Fahrer sperrte das Tor auf und meinte, wir können durchgehen.

Das war aber alles andere als ein Weg, der auf irgendeiner Wanderkarte ausgewiesen sein sollte. Das war eindeutig Privatgrund. Und zwar auch wiederum keiner, der in den letzten Tagen vom Himmel gefallen ist.

Naja.

Mit diesen Hindernissen ging's wieder durch eine kleine Ortschaft vorbei an einem Café auf der Strasse weiter. Mittlerweile gab es aber auch keine Gehsteige mehr. Wandern neben Autos.

Doch schon nach ungefähr der halben Wanderung haben wir die ersten(!) Weinreben gesehen, als wir am Asphalt daneben vorbeispazierten. Hier irgendwo ist also doch noch Weinanbau.

Ab nun ging's bergauf: nach ungefähr drei Viertel der Tour kam der erste(!) Buschenschank. Da kehrten wir mit Genuss ein. Die Aussicht war toll und hat uns wieder etwas versöhnt. Der Wein war dafür nicht so besondern, dafür schmeckte der verdünnte Traubensaft.

Auf Asphaltstraßen, durch Baustellen, über Hügelketten ging's wieder retour Richtung Ehrenhausen. Das Ziel lies sich erahnen. Eine besonders hübsche Streckenführung haben wir uns schon gar nicht mehr erwartet.

Nebenbei bemerkt war "Ehrenhausen 1" so gut wie gar nicht beschriftet. Nur innerhalb von Ehrenhausen selbst und an eigentlich unnötigen Stellen etwas ausserhalb fanden wir Schilder. Deshalb waren wir sehr auf die App angewiesen, die uns per GPS und Karte den Weg wies. Aber auch hier gab es einen Schönheitsfehler: jedes Mal, wenn ich die Karte der App angeschaut habe, wurde offenbar das Kartenmaterial erneut über die (schlechte) Datenverbindung geholt. Kein Caching. Das saugt mir ziemlich den Handyakku leer, obwohl ich damit problemlos einen ganzen Tag GPS-tracken kann. Gottseidank schafften wir es damit aber wieder bis Ehrenhausen - den letzten Teil der faden Tour haben wir aber abgekürzt.

Fazit

Drei Buschenschänke passiert, zumeist auf Asphalt ohne Gehsteig gegangen, keine hilfreiche Beschriftung, Streckenführung offensichtlich stark korrekturbedüftig, App technisch schlecht umgesetzt, bis zum Ende keinen einzigen(!) anderen Wanderer gesehen.

Das sollte doch besser gehen.

Ich gehe dort unten nur noch exakt die Touren, die mir persönlich empfohlen worden sind.

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